Maybegenerationmaybe
Verlorengegangene Wünsche
Herzklopfen

Verlorengegangene Wünsche

Bindfadenartig prasselt der Regen vom Himmel.

Ich stelle mir vor, was passiert, wenn ich an den einzelnen Bindfäden ziehe, wie an Schnüren einer Marionette.
Sie fließen angenehm weich durch meine Hände, ich halte sie fest. Stelle mir vor, dass jeder Regenfaden aus unausgesprochenen Wünschen der Menschen besteht und beginne aus ihnen einen bunten Teppich zu weben, der dir sagen soll:

Ich wünschte, ich könnte morgens wieder nur mit deinem Pullover bekleidet zu den Foo Fighters durch deine Wohnung tanzen, während du Rührei brätst.

Ich wünschte, ich könnte wieder stundenlang in dein Gesicht starren, dir durchs Haar streichen und das zarte Kribbeln im Bauch spüren, dass mich so lebendig fühlen lässt.

Ich wünschte, ich könnte meine beste Freundin wieder sagen hören, dass wir wirken, als wären wir schon jahrelang zusammen, obwohl wir uns erst seit Kurzem kennen.

Ich wünschte, ich könnte wieder mit dir im Badezimmer hemmungslosen Sex haben,  während deine Mitbewohner in der Küche Bier trinken und lauthals David Bowie Songs grölen.

Ich wünschte, ich könnte nach einer langen Partynacht wieder in dein Bett fallen und mich betrunken an dich schmiegen, während du tief und fest im Traumland schlummerst.

Ich wünschte, ich könnte wieder ungeschminkt auf meinem Bett sitzen, deinen Blick spüren und dich sagen hören, dass ich schön bin.

Ich wünschte, ich könnte dir wieder Postkarten schreiben und sie bei meinem nächsten Besuch an der Decke über deinem Bett wiederfinden.

Ich wünschte, ich könnte wieder all unsere endlosen Nachrichten lesen, die ich damals unwiderruflich gelöscht habe.

Ich wünschte, ich könnte wieder mit dir an einem verregneten Novembertag durch den Wald stapfen und so laut schreien vor Glück, dass die Vögel erschrocken aus den Baumkronen flattern und dich von einem Ohr bis zum anderen Grinsen sehen.

Ich wünschte, ich könnte mich wieder unendlich mit dir fühlen.

 

Doch bevor ich unseren Teppich fertig weben kann versiegt der Regen.
Nur noch einzelne Tropfen fallen. Die Maschen werden gröber, die Wünsche bleiben nicht mehr haften, rieseln hindurch, landen laut platschend in den tiefen Pfützen, durch die wir tagtäglich unachtsam stiefeln und gehen verloren.

Ich hoffe du schaust eines Tages zu Boden und entdeckst sie dort unter deinen nassen Füßen, all meine verlorengegangenen Wünsche, von denen ich dir nie erzählt hab.

Foto: Maxime Loncke via flickr.com

You Might Also Like...

No Comments

Leave a Reply