Aufschlag

Du hast mich mal gefragt, ob ich ein Mensch bin, der sich schnell anderen Menschen gegenüber öffnet, weil ich dir an unserem ersten Abend etwas erzählte, was ich sonst noch keiner Menschenseele anvertraut habe.

Wahrscheinlich habe ich mit einem überspielenden „Deine Mudda öffnet sich schnell gegenüber Menschen.“ oder mit einem flirty „Das kommt ganz aufs Gegenüber an.“ geantwortet.

Tatsächlich, bin ich ein sehr emotionaler Mensch und öffne mich auch schnell, wenn ich mich sicher fühle. Allerdings fühl ich mich selten sicher, wenn mir Menschen plötzlich wichtig werden, wie du.
Du hättest mich auch mal fragen sollen, ob ich mich schnell verliebe. Ich wüsste gern, wie ich dir dann geantwortet hätte.

„Nein, eigentlich nicht.“ sagt mein Kopf, schließlich muss er ja geflasht sein und das kommt selten vor.

„Ja sie verliebt sich schnell.“ Schreit im Gegensatz dazu mein Herz. Das muss es ja wissen, denn es ist meistens Schuld an der Misere.

Und wenn die beiden sich dann ein High five geben, Verstand geflasht und Herz Feuer und Flamme, dann sprudeln sie die Emotionen in mir.

Bei dir waren sie sich nicht ganz einig. Von Anfang an saß mein Verstand mit Sonnenbrille und Cocktail in der Hand relaxt im Liegestuhl und wartete auf den flashenden „Magic Moment“, wie Dieter Bohlen bei DSDS.

Während mein Herz zu glühen begann, klopfte ihm der Verstand auf die Schulter und sagte:

„Easy, ich hab das alles im Griff. Lass uns Spaß haben, Leben genießen. Yolo, und so.“

Wir sahen, küssten und liebten uns. Und da war er offenbar, irgendwann zwischendrin, der Magic Moment.

Mein Verstand steht nun unter Schock, wie ein Lokführer nach dem Entgleisen seines Zuges.

Er hatte doch alles unter Kontrolle, dachte er.

Jetzt brennt mein Herz und sehnt, aber mein Verstand schlägt die Hände überm Kopf zusammen.

Du fragst mich, ob ich nochmal zu dir kommen kann, bevor ich weit weg fliege.

Während mein Verstand aus voller Kehle schreit: Neiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin!, rennt mein Herz schon zum Ticketschalter und sitzt gefühlt bereits im Zug zu dir.

Ob ich mich leicht Menschen öffnen kann, hast du mich gefragt.

Diese Frage stelle ich mir nun auch, habe Schiss dir zu sagen, dass ich mich wie ein Teenager nach so kurzer Zeit in dich verschossen habe.

Nehme Anlauf, aber springe nicht, aus Angst, dass das alles komplizierter macht. Aus Angst du könntest dich gegen mich entscheiden. Aus Angst vor Verletzung. Stattdessen greife ich zu meinem Notizbuch und schreibe die Geschichte vom coolen Verstand und dem glühenden Herz auf.

Gestern Nacht bin ich doch gesprungen. Mein Kopf tut weh, ob vom Alkohol oder dem harten Aufschlagen auf dem Boden, wer weiß das schon?