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Kaufmannsladenleben Herzschmerz - Photo: Fancycrave
Damals Herzklopfen Hier & Jetzt

Kaufmannsladenleben

Ich stehe beim Fleischer. Die Auslage ist üppig, hauptsächlich blutig.
„Haben Sie auch Herzen?“, frage ich.
Ja, na freilich, Hühnerherzen, die lägen dort drüben.
„Nein, ein richtig großes, meine ich!“, sage ich.
Ob ich eins vom Rind meine.
„Ja.“
Mir wird schlecht, es riecht nach Tod und Fleischsalat mit Saurengurken.
Da müsse sie erst nach hinten gehen.

„Gut.“, sage ich. „Ich kann warten.“

Ihre Plastikhandschuhe kommen mit einem roten Klumpen zurück, blutverschmiert.
„So!“, sage ich. „So sieht es also aus, wenn man jemandem das Herz ausreißt.“
Sie starrt aufs Herz, dann in mein ekelerregtes Gesicht.

„Wissen Sie, so fühle ich mich gerade, als hielten Sie meins in den Händen.“

Sie lässt es wortlos auf die Waage plumpsen. Das würde dann 5,80€ machen. Ich lehne dankend ab, die Türglocke läutet hinter mir, ich stolpere rückwärts aus dem Laden, will nur noch rauchen, weil ich mich zum Kotzen fühlen will, durch den Tabakflash.

Alles dreht sich, obwohl eigentlich alles still steht, nicht weiter geht, am Ende der Welt, eingepackt, wie in Watte, zu keiner Regung, geschweige denn Gefühlsregung fähig. Mein Körper operiert im Schutzmechanismus an offener Wunde. Schmerz gibt es nur in Dosen, da sonst Ohnmacht droht. Jeden Tag eine. Damit ich mich nicht tot heulen kann und noch Tränen übrig bleiben für den darauffolgenden Tag. Und dann funktioniert man einfach weiter, funktioniere ich einfach weiter, als hätte es sie nie gegeben deine Anwesenheit. Trotzdem, ich bin einsamer. Einsamer als vor deinem Besuch hier in meinem kleinen Kaufmannsladenleben.

Foto von Fancycrave von Unsplash

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